Durchführungen mit einkomponierter Krisis: eine Konzeptionsidee in Schumanns letzten Sonatensätzen

Abstract

1851 und 1853 komponierte Robert Schumann drei Kammermusikwerke, in deren ersten Sätzen eine Zäsur die Durchführung in zwei Abschnitte von sehr unterschiedlichem Charakter teilt: Das 3. Klaviertrio g-Moll op. 110, die 2. Violinsonate d-Moll op. 121 und die 3. Violinsonate a-Moll WoO2. Im ersten Satz von op. 110 setzt sich der motivische Einheitsablauf der Exposition im ersten Abschnitt der Durchführung fort. Um ihm einen Kontrast entgegenzusetzen, führt Schumann nach einem Akkordschlag ein Fugato ein. Die Achtelnoten des Soggettos ergänzen sich zu einem pausenlosen Achtelrhythmus, der sich von den rhythmischen Mustern des bisherigen Satzverlaufs auffällig abhebt. Im ersten Satz der zweiten Violinsonate wird der erste Durchführungsabschnitts vom kaleidoskopartigen Wechsel immer derselben Motivbausteine bestimmt. Dem so erzeugten Konflikt fehlt die Richtung auf ein Ziel hin. Auch hier besteht die Lösung des Problems in einem plötzlichen Abbruch, der vorübergehend zu einer Desorganisation von Rhythmus und Metrum führt. Nur allmählich reorganisiert sich der Durchführungsprozess und mündet in eine Sequenz, die die Reprise herbeiführt. Im ersten Satz der dritten Violinsonate beendet ein Akkordschlag einen ersten Durchführungsteil, der lediglich aus der Oberterztransposition eines Expositionsabschnitts besteht. Der anschließende zweite Teil der Durchführung kompensiert diesen Mangel an Durchführung durch eine ungewöhnliche Dichte der thematischen Arbeit.