Please use this identifier to cite or link to this item: doi:10.22028/D291-41362
Title: Ist ‘sau cool‘ cooler als ‘sehr cool‘? Empirische Untersuchungen zur Semantik von deskriptiven und expressiven Ausdrücken am Beispiel deutscher Intensitätspartikeln
Author(s): Schmidt, Jessica
Language: German
Year of Publication: 2023
DDC notations: 430 German
Publikation type: Dissertation
Abstract: Gegenstand dieser Dissertation ist das in der theoretischen linguistischen Literatur unlängst stark diskutierte Phänomen der lexikalischen Adjektiv-Intensivierung, dessen Erforschung in der formal orientierten Sprachwissenschaft in den letzten dreißig Jahren vor allem durch die Arbeiten von Kaplan (1997), Potts (2007) und Gutzmann (2011, 2013, 2019) erheblich an Dynamik gewonnen hat. Dabei wird ein graduierbares Adjektiv durch eine Intensitätspartikel modifiziert. Als Ergebnis erfährt es eine Bedeutungsverstärkung, die sich in einer stärkeren Intensität und einer höheren Positionierung auf einer zugehörigen mentalen Skala manifestiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen „expressive Intensivierer“ (Gutzmann & Turgay 2012) wie mega in mega schön oder super in super schön, die vor allem in der Umgangssprache meist in Gestalt von Adjektiven vorkommen und eine ähnliche Funktion haben wie der klassische „deskriptive Intensivierer“ (ebd.) sehr. So wird in beiden Fällen im Vergleich zum Positiv ∅ schön ein höheres Ausmaß an Schönheit ausgedrückt. Bei einem expressiven Intensivierer wird dieser Grad jedoch – so die in der Literatur vorherrschende Annahme – intuitiv als stärker wahrgenommen. Zudem offenbart die Partikel aufgrund einer emotional-expressiven Zusatzkomponente mutmaßlich zugleich die persönliche Einstellung des Sprechers zur thematisierten Schönheit, die nicht Teil des propositionalen Gehalts ist. Durch den Gebrauch ebensolcher expressiven Intensivierer zeigt der Sprecher somit zum einen an, dass eine im Sachverhalt bezeichnete Eigenschaft über ein als dafür typisch geltendes Durchschnittsmaß hinausgeht und er dieser Normabweichung zum anderen eine besondere Bedeutung beimisst. Dabei trägt er die semantische Rolle des Experiencers. Der Fokus der Arbeit liegt auf der experimentellen Untersuchung expressiver Intensivierer wie mega oder super und der Einschätzung der durch sie ausgedrückten Intensität. Dies dient der Überprüfung zentraler Annahmen, die in der theoretischen Literatur zwar weithin akzeptiert werden, deren Gültigkeit bisher allerdings nicht empirisch abgesichert ist. Die noch immer vorherrschende Lücke an experimentellen Untersuchungen auf diesem Gebiet zu schließen, ist eines der Hauptziele dieser Arbeit. Aufbauend auf der aktuellen Forschungslage unternimmt sie den ersten Versuch, durch eine breit angelegte Untersuchung neue Erkenntnisse in Bezug auf den semantischen Unterschied zwischen deskriptiven und expressiven Intensivierern zu erlangen. Um dies zu realisieren, wird auf eine systematisch aufeinander aufbauende Kombination aus verschiedenen linguistischen Methoden wie Korpusanalyse und experimentelle Untersuchungen zurückgegriffen, mithilfe derer die aus der Literatur hergeleiteten Forschungshypothesen erstmalig bestätigt oder entkräftet werden. Durch die empirische Herangehensweise schließt die Arbeit die Lücke, die auf diesem Gebiet noch immer vorherrscht, sind die bisherigen Forschungsbeiträge von wenigen Ausnahmen abgesehen doch theoretischer Natur. Zusammengefasst bestätigen die Ergebnisse der korpuslinguistischen und experimentellen Untersuchungen nahezu alle zur Diskussion stehenden Hypothesen mit statistischer Signifikanz. Sie machen aber auch deutlich, wo die Grenzen der empirischen Validierung eines solch vagen Konzepts wie Expressivität liegen, und dass die beobachteten Daten nicht immer zweifelsfrei und exklusiv auf die Expressivität als Auslöser zurückgeführt werden können. So ist eine Einschätzung des Skalaritätsgrades expressiver Intensivierer aus methodischer Sicht insofern nicht ganz unproblematisch, als in einer experimentellen Erhebung wie der hier durchgeführten weder eine trennscharfe noch eine isolierte Betrachtung beider Bedeutungsdimensionen erfolgen kann. Davon ausgehend ist anzunehmen, dass die Expressivität unweigerlich auf die Skalarität einwirkt, sodass es nicht möglich ist, die Merkmalsausprägung eines im Satz beschriebenen Gegenstands ohne jeglichen Einfluss des expressiven Gehalts eines Intensivierers zu testen und den Expressivitätsgrad von seiner skalaren Grundbedeutung zu separieren. Dennoch liefert das Untersuchungsdesign eine erste – und die bislang einzige – Approximation zur Ermittlung des Intensitätsgrades der beiden semantischen Ebenen. Auch wenn infolge der beschriebenen konzeptuellen Schwierigkeit nicht alle Fragen abschließend geklärt werden, leistet die Arbeit einen bedeutenden Beitrag zur Forschungsdiskussion und legt eine erste wichtige Grundlage zur experimentellen Erforschung von sprachlicher Expressivität. Die noch bestehenden Unklarheiten, angeführten Mutmaßungen und erzielten Ergebnisse können zudem als Fundament für weitere wissenschaftliche Untersuchungen auf diesem Gebiet dienen.
Link to this record: urn:nbn:de:bsz:291--ds-413624
hdl:20.500.11880/37124
http://dx.doi.org/10.22028/D291-41362
Advisor: Reich, Ingo
Date of oral examination: 19-Jul-2023
Date of registration: 12-Jan-2024
Faculty: P - Philosophische Fakultät
Department: P - Germanistik
Professorship: P - Prof. Dr. Ingo Reich
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