Tonsatzgerüste aus Skalen und Orgelpunkten in Berwalds Instrumentalwerken

Abstract

Anders als Schumann und Mendelssohn stand ihr Zeitgenosse Franz Berwald der Integration von Fuge und Fugato in zeitgenössische Kompositionen skeptisch gegenüber. Während er in seinen Instrumentalwerken seltene Kanons unter anderen Stimmen geradezu versteckt, manifestiert sich in ihnen polyphones Konzipieren noch auf andere Weise, und zwar durch die simultane Kombination von Orgelpunkten und Skalensegmenten. Im ersten Satz seines Klaviertrios in d-Moll weisen zahlreiche Taktgruppen ein derartiges Stimmengerüst auf, wobei sich die Orgelpunktkomponente auch als Motivostinato, die Skalenkomponente als Motivsequenz realisieren kann. Gelegentlich motivieren solche aus Orgelpunkt und Skala gebildete Tonsatzgerüste innovative Harmoniefolgen. Eine besonders komplexe aus Liegetonkomponenten und stufenweise sequenzierten Motiven bestehende Struktur liegt in den ersten 14 Takten der Sinfonie singulière vor. Berwald realisiert mit ihr eine originelle Alternative zu einem Fugen-Exordium. Zwei weitere zentrale Partien der Exposition des Kopfsatzes werden auf ähnliche Weise gestaltet.