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doi:10.22028/D291-46479 | Titel: | Erarbeitung und Erprobung curricularer Grundlagen sowie eines Konzepts zur Förderung der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung im Rahmen der Fahrausbildung in Deutschland |
| VerfasserIn: | Bredow, Bianca |
| Sprache: | Deutsch |
| Erscheinungsjahr: | 2025 |
| DDC-Sachgruppe: | 000 Allgemeines, Wissenschaft 150 Psychologie |
| Dokumenttyp: | Dissertation |
| Abstract: | In vielen Ländern stellt die Förderung von Kompetenzen zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung ein Schwerpunktthema der Fahrausbildung dar. In Deutschland hingegen wird der Ausbau entsprechender Ausbildungsinhalte zwar seit mehr als fünf Jahrzehnten von Wissenschaftlern und Fachpraktikern eingefordert; ihre systematische Integration in die rechtlichen und pädagogischen Steuerungsgrundlagen der Ausbildung steht aber bis heute aus. Dies gilt, obwohl Defizite im Bereich der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung einen engen Zusammenhang zum hohen Unfallrisiko von Fahranfängern aufweisen (z. B. Drummond, 2000; Horswill, Hill & Wetton, 2015). Im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit wurden die im nationalen und internationalen Raum vorhandenen Konzepte zur Vermittlung von Kompetenzen zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung umfassend analysiert. Dabei wurden auch vorhandene Wirksamkeitsbefunde beleuchtet. Aufbauend auf den Analyseergebnissen wurde dann ein wissenschaftlich begründetes, niedrigschwelliges Konzept für eine optimierte Vermittlung von Kompetenzen zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung in der deutschen Fahrausbildung ausgearbeitet. Dieses Ausbildungskonzept beinhaltet zwei Theorielektionen, die nach den Prinzipien zeitgemäßer Erwachsenenbildung konzipiert und unter Verwendung innovativer, interaktiver Medien didaktisch aufbereitet wurden. Während die erste Lektion auf das Kennenlernen der Gefahren im Straßenverkehr sowie die Vermittlung von Strategien zur Verkehrsbeobachtung, Gefahrenbewertung und Gefahrenvermeidung fokussiert, richtet sich die zweite Lektion auf die Kompetenzdefizite von Fahranfängern und jungen Fahrern sowie regionale Unfallhäufungsstrecken. Beide Lektionen sind nicht zusätzlich zur herkömmlichen Fahrausbildung vorgesehen, sondern ersetzen – die rechtlich zulässigen Gestaltungsspielräume von Fahrlehrern aufgreifend – Inhalte des bestehenden Inhaltskanons der Fahrausbildung. Im Hinblick auf die Fahrpraktische Ausbildung beinhaltet das Ausbildungskonzept zudem Checklisten zum gezielten Training der Verkehrsbeobachtung sowie Leitfäden zum praktischen Befahren von Unfallhäufungsstrecken. Das Ausbildungskonzept wurde im Rahmen einer Feldstudie erprobt, um Schlussfolgerungen im Hinblick auf seine Lern- und Sicherheitswirksamkeit ableiten zu können. Dabei wurden die Leistungen von Fahrschülern, die mit Hilfe des Konzepts ausgebildet wurden (Experimentalgruppe; n = 158), den Leistungen von Fahrschülern gegenübergestellt, die eine herkömmliche Ausbildung durchlaufen haben (Kontrollgruppe; n = 160). Als Erhebungsinstrumente kamen (1) ein Wissenstest über fahranfänger- und jugendtypische Kompetenzdefizite und Unfallursachen, (2) ein Wissenstest über die Gefahren des Straßenverkehrs, (3) ein eigens entwickelter Verkehrswahrnehmungstest mit drei verschiedenen interaktiven Aufgabentypen sowie (4) eine Kompetenzeinschätzung durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer im Rahmen der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung zum Einsatz. Zudem wurden die Fahrschüler beider Untersuchungsgruppen (5) in den ersten neun Monaten nach dem Fahrerlaubniserwerb begleitet und mittels Online-Befragungen drei Mal zu ihrem Unsicherheitsempfinden, ihren erlebten kritischen Situationen im Straßenverkehr sowie ihren erlebten Beinahe-Unfällen und Unfällen befragt. Im Ergebnis der Untersuchung zeigte sich, dass die Mitglieder der Experimentalgruppe sowohl in den beiden Wissenstests als auch in den drei Aufgabentypen des Verkehrswahrnehmungstests substanzielle Leistungsvorsprünge gegenüber den Kontrollgruppenmitgliedern aufwiesen. Die Befunde sprechen nicht nur für die Lernwirksamkeit der durchgeführten Intervention, sondern zeigen auch deutlich die Defizite der aktuellen Fahrausbildung auf. Sie reihen sich zudem in eine Vielzahl nationaler und internationaler Forschungsarbeiten ein (Überblick s. McDonald et al., 2015, und Prabhakharan et al., 2024), in denen nachgewiesen wurde, dass Kompetenzen zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung über lehr-lerntheoretisch fundierte Trainingsmaßnahmen effektiv gefördert werden können. Ein zentraler Mehrwert der vorliegenden Forschungsarbeit besteht dabei im gewählten Untersuchungsdesign, denn die bislang vorliegenden Arbeiten waren vor allem auf Wirksamkeitsüberprüfungen mittels Fahrsimulatoren oder PC-basierten Simulationen ausgerichtet, wohingegen die Auswirkungen von Trainingsmaßnahmen auf das Fahren im Realverkehr sowie die Erforschung langfristiger Maßnahmeneffekte zentrale Forschungsdesiderate darstellen. Auch diesbezüglich sprechen die Untersuchungsbefunde für die Wirksamkeit des Ausbildungskonzepts: So erhöhte die Zugehörigkeit zur Experimentalgruppe die Chance für das Bestehen der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung im Vergleich zur Kontrollgruppe um das 3,06-fache. Dabei schlugen sich Leistungsvorteile der Experimentalgruppe gegenüber der Kontrollgruppe in allen fünf Fahrkompetenzbereichen nieder. Darüber hinaus wiesen die Mitglieder der Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe über den Zeitraum von neun Monaten nach dem Erwerb ihrer Fahrerlaubnis ein geringeres Unsicherheitsempfinden, eine geringere Häufigkeit kritischer Situationen und eine geringere Häufigkeit von Beinahe-Unfällen auf. Trotz des in beiden Untersuchungsgruppen über die neun Monate hinweg zu beobachtenden deutlichen Kompetenzzuwachses aufgrund zunehmender fahrpraktischer Erfahrungen blieben die Gruppenunterschiede stabil. Damit bestätigt die Untersuchung die Nachhaltigkeit der Effekte des Ausbildungskonzepts, wobei sich die Effekte in einem Zeitraum manifestieren, der durch ein erhebliches Unfallrisiko geprägt ist. In der Gesamtschau verdeutlicht die vorliegende Forschungsarbeit, dass in der Förderung von Kompetenzen zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung ein wirksamer, bislang nicht ausgeschöpfter Hebel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Fahranfängern zu finden ist. Demnach gilt es, die seit fünfzig Jahren formulierten Forderungen nach einer stärkeren Berücksichtigung diesbezüglicher Inhalte in der Fahrausbildung nun endlich konsequent in die Ausbildungspraxis zu überführen. Eine weitere Verzögerung erscheint dabei weder fachlich zu begründen noch verkehrspolitisch zu verantworten. |
| Link zu diesem Datensatz: | urn:nbn:de:bsz:291--ds-464798 hdl:20.500.11880/40792 http://dx.doi.org/10.22028/D291-46479 |
| Erstgutachter: | Brünken, Roland Malone, Sarah |
| Tag der mündlichen Prüfung: | 19-Sep-2025 |
| Datum des Eintrags: | 13-Nov-2025 |
| Fakultät: | HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft |
| Fachrichtung: | HW - Bildungswissenschaften |
| Professur: | HW - Prof. Dr. Roland Brünken |
| Sammlung: | SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes |
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